Förderverein Brandenburger Symphoniker
Förderverein Brandenburger Symphoniker

Die Brandenburger Biennale

 

Am Anfang der Brandenburger Biennale stand die Absicht des Fördervereins Brandenburger Symphoniker e.V. für die Brandenburger Symphoniker eine Komposition in Auftrag zu geben. Ein wichtiger Aspekt der Auftragsvergabe sollte sein, dass möglichst großräumig darüber gesprochen werde, oder gut Neudeutsch, möglichst viel Publicity!

Dieses Anliegen bewog unser Vorstandsmitglied, den früheren Solobratscher der Brandenburger Symphoniker Christo Christow, einen Kompositionswettbewerb ausschreiben zu lassen.

Worüber gleich Klarheit herrschte war, dass der Verein den Teilnehmern keinerlei Altersbeschränkungen auferlegen und dass er den Wettbewerb international ausschreiben wollte – dass es hingegen kein eigentlicher Kompositions- sondern ein Komponistenwettbewerb werden würde, war heiß umkämpft! Worin besteht denn der Unterschied? Bei einem  Kompositionswettbewerb wird den Komponisten abverlangt, dass sie ein Werk explizit hinsichtlich dieses Wettbewerbs und zu exakt den vorgegebenen Konditionen (Orchestergröße, Besetzung) einreichen. Meist führt das Orchester, welches den Wettbewerb ausschreibt, die Werke, die es in die Endausscheidungsrunde schaffen auf, damit aufgrund der tatsächlichen Aufführung der Gewinner gekürt werden kann.

Auswahlprozedere und Uraufführung sind somit eins.

 

Die Jury der Brandenburger Biennale hingegen wählt aufgrund repräsentativer Werke einen Komponisten aus. Dieser eine Komponist bekommt dann den Auftrag, für die Brandenburger Symphoniker ein Werk zu schreiben. Der Vorteil für die Komponisten liegt darin, dass sie nicht für die Brandenburger Biennale in Vorleistung gehen müssen. Es gehen nicht unzählige Tonsetzer leer aus. 

 

Wie bei so vielen großen Vorhaben spielte auch hier die günstige Konstellation eine wichtige Rolle: die Brandenburger Symphoniker waren unter der künstlerischen Aufbauarbeit von Generalmusikdirektor Michael Helmrath zweifach als „Orchester des Jahres“ nominiert worden aufgrund ihres qualitativen Quantensprungs, mit Werken von Yusupov und Kancheli beispielsweise hatte GMD Helmrath dem hiesigen Publikum

bewiesen, dass er voll „ionischen Forschergeistes“ steckt – er also mit Leidenschaft musikalisches Neuland entdecken mag – und gleichzeitig, dass er diese neuen Partituren auch vorbildhaft umzusetzen versteht.

Dem Förderverein Brandenburger Symphoniker e.V. boten sich hier also an Neuem interessierte Interpreten an.

 

Als Juroren der ersten Biennale fungierten neben den beiden ständigen Mitgliedern Generalmusikdirektor Michael Helmrath und Markus Rindt (Intendant der Dresdner Sinfoniker, Kulturmanager des Jahres 2008; in Brandenburg an der Havel wohnhaft) Christian Kneisel (nicht in seiner Eigenschaft als Intendant und Geschäftsführer sondern als Klarinettist und Komponist) und die beiden in Berlin ansässigen Komponisten Karl Heinz Wahren und Gerald Humel. Es war bisher wohl die Jury mit den größten Divergenzen, was die ästhetischen Vorstellungen der einzelnen Mitglieder betrifft.

Neben den beiden Preisträgern Chihchun Chi-Sun Lee (Taiwan/USA) und Moritz Eggert (D) für symphonische Werke wurde 2004 auch ein Kammermusikpreis verliehen, nämlich an Burton Goldstein (USA).

 

Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur schrieb anlässlich der ersten Biennalen-Uraufführung: "Im Ringen um kulturelle Identität an einem ehemaligen Industriestandort mit großen strukturellen Problemen hat der Förderverein Brandenburger Symphoniker mit kreativen Ideen auf Zukunft gesetzt. Die Brandenburger Biennale schöpft aus dem Reichtum musikalischer Ausdrucksformen internationaler zeitgenössischer Komponisten. Ihre Werke, die hier in Brandenburg an der Havel zur Uraufführung gelangen, werden wichtige Impulse für die Entwicklung und die

Rezeption zeitgenössischer Musik liefern." 

 

Als grundsolider und treuer Partner des FBS e.V. erwies sich die GEMA (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte), stiftete sie doch das Preisgeld der ersten und der dritten Biennale. An dieser Stelle möchte ich ihr im Namen des gesamten Fördervereins Brandenburger Symphoniker e.V. herzlich

danken. 

In gleicher Weise zufrieden ist der FBS mit der Stadt Brandenburg an der Havel, haben die Stadtverordneten doch 2006 die Biennale in den Masterplan aufgenommen.  Damit wurde in einem kulturpolitischen Projektpapier dieser Wettbewerb zum kulturellen Bestand der Stadt erklärt.

 

Die Preisträger (und Juroren) der bisherigen Editionen sind unter dem Button "Preisträger" gelistet.

 

Inzwischen beginnen die Auftragskompositionen der Biennale bereits ihr Eigenleben zu führen, den Namen der Brandenburger Biennale und der Brandenburger Symphoniker unabhängig von der direkten Präsenz des Klangkörpers in der Welt zu verbreiten. Für seine Orchesterwerke gewinnt Ondrej Adámek den Prix Hervé Dugardin 2009 der SACEM.

Am 12. September 2010 gewinnt unser Preisträger der dritten Biennale, Marko Nikodijevic, mit unserer Auftragskomposition „cvetic, kucica“ (Blümchen, Häuschen) die Gaudeamus Muziekweek 2010. In der Folge wird er vom Hamburger Verlagshaus Sikorski unter Vertrag genommen und die Ernst von Siemens-Musikstiftung gibt eine CD mit Werken Nikodijevics heraus, auf welcher sich auch „cvetic, kucica“ findet. Am 17. September 2010 führt die Polnisch Nationalphilharmonie Warschau unter Reinbert de Leeuw „dusty, rusty hush“ im Rahmen des Festivals „Warschauer Herbst“ wieder auf. Ondrej Adámek und Marko Nikodijevic sind mit ihren Biennalen-Kompositionen die beiden Hauptpreisträger des Tansman-Wettbewerbes (Lodz). Am 5. Dezember 2010

strahlte RAI/Radio3 die Brandenburger Uraufführung von Vittorio Zagos „Segel“ aus. Und am 25. September 2011 gelangte im Rahmen des 55. Festivals für Zeitgenössische Musik der Biennale von Venedig eine Neufassung (bloß doppelter nicht dreifacher Bläsersatz) von „Segel“ mit dem Mitteleuropa Orchestra unter Andrea Pestalozza zur Aufführun. 

 

Ebenfalls an ein Verlagshaus zu vermitteln, nämlich an Boosey & Hawkes, gelang unserem Juror Markus Rindt den mexikanischen Biennalen-Teilnehmer Enrico Chapela. Chapela spielt inzwischen vor allem in den Vereinigten Staaten auf dem ganz großen Parkett! 

 

Aus der Biennale leitete der FBS sein Projekt des composers in residence ab. Die bisherigen Residenten waren Vittorio Zago und Aleksandra Zabegaeva. 

 

Nach einer langen Pause erschwerter Zusammenarbeit zwischen FBS und Brandenburger Theater soll das Projekt der Biennalen jetzt wieder aufgegriffen werden.

 

 

 

Geraldo Brandigi

Stand Januar 2023

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